Opening: 38. Internationale Sonneberger Jazztage 2024

Eintrag vom: 04.06.2024 13:21 Uhr

Nighthawks (D)

Im Herbst 1998 betraten die Nachtschwärmer mit ihrem Debütalbum „Citizen Wayne“ die Bühnen dieser Welt. Selten waren sich Medien und Publikum so einig in der Wertschätzung eines hochwertigen deutschen Newcomer-Acts, dessen musikalische Nische mittlerweile NuJazz heißt. Es überrascht niemanden, dass hinter dem Namen der Gruppe zwei erfahrene Veteranen verborgen sind: Produzent und Bassist Dal Martino und Trompeter Reiner Winterschladen, beide bekannte Musiker der Jazz- und Popszene. Seit über 30 Jahren geistert Dal Martino mit seinem Bass durch Bühne und Studio und ist neben seinem eigenen Plattenlabel auch als Produzent von Film- und Werbemusik gefragt. Reiner Winterschladen ist ebenfalls seit mehr als drei Jahrzehnten als professioneller Musiker tätig. Seit 1995 festes Mitglied der NDR Big Band, trompetete er in der Vergangenheit für das European Jazz Ensemble, die Manfred Schoof Big Band sowie bekannte Bands wie Blue Box, Me & The Heat, Unknown Cases und Rausch. Aber es war die Band „Trance Groove“, die beide zusammenbrachte. Die Festigung dieser Beziehung war ein äußerst zufriedenstellendes Filmprojekt, an dem sie gemeinsam arbeiteten und das zu ihrer Entscheidung führte, ihr doppeltes Potenzial für eine weitere Zusammenarbeit zu nutzen. So hat Reiner Winterschladen zu Dal Martinos selbstproduzierten Tracks Melodien aufgelegt oder einfach improvisiert. Sie hörten zu, bearbeiteten das Material, nahmen Änderungen vor, ordneten es neu, suchten weiter und fanden, was sie suchten. Die gleiche Technik wurde für ihr zweites Album „Metro Bar“ verwendet, ein echter urbaner Soundtrack im Gegensatz zu „Citizen Wayne“, einer Mischung aus Spaghetti-Western-Assoziationen mit Großstadtimpressionen. Cool, ohne kalt zu sein, landete „Metro Bar“ im Herbst 2001 unter den Top 3 der deutschen Jazz-Charts und gewann den Deutschen Jazzpreis. Auch die folgenden Alben „As the Sun Sets“ und „4“ verkauften sich in Deutschland so gut, dass die „Nighthawks“ in den Jahren 2005, 2011 und 2013 den German Jazz Award in Gold erhielten.

In vielen Fällen wirkt ihre Musik wie der Soundtrack zu einem imaginären Film.

Es ist eine musikalische Entdeckungsreise: Soul, Jazz, Pop, Reggae, lateinamerikanische und arabische Einflüsse, Melodien aus Polen und der

Balkanregion – getrieben von ihrer Experimentierfreude kümmern sich die „Nighthawks“ nicht um Grenzen. Die Band hat ein untrügliches Gespür dafür, durch die Luft und den Erdraum zu reisen und ihre eigenen musikalischen Routen zu entdecken. Doch immer wieder kreuzen sich neue und alte Wege und es kehren musikalische Erinnerungen zurück, Erinnerungen, die keiner Navigation bedürfen. Zuhörer werden zu ständigen Reisebegleitern, die sich mit offenen oder geschlossenen Augen den berauschenden Bildern hingeben. Obwohl es bestimmte Start- und Zielpunkte gibt, spielt sich die Reise selbst immer als komprimierte Klanglandschaft ab, in der jeder Zuhörer die Filmwiedergabe selbst steuert.

Die vielen fulminanten und oft ausverkauften Konzerte der fünfköpfigen Elektro-Jazz-Formation „Nighthawks“ haben den Ruf nach einem neuen Live-Album immer wieder laut werden lassen. Am 24.11.2018 wurde einer der besten Konzertabende der letzten Jahre in der Fabrik Hamburg aufgezeichnet. Das Live-Album dazu heißt „Next To The Roxy“. Damit beschwören die „ Nighthawks“ ein Bild aus vergangenen Tagen herauf. In Köln gab es einst ein Kino, das Dal Martino und Reiner Winterschladen einfach Roxy nannten. Schon bevor sie sich ins Studio zurückzogen, wurden dort oft Filme geschaut. Das Klappern der Filmspulen begleitete die beiden Nachtfalken zur angrenzenden Bar, wo sie sich über filmische Parameter wie Farbe, Bewegung und Licht austauschten. Seitdem findet das filmische Echo im Schaffen der „Nighthawks“ statt und ist prägend für die musikalische Arbeit geworden.

Inspiriert durch das berühmte gleichnamige Gemälde von Edward Hopper aus dem Jahr 1941 sind die „Nighthawks“ in erster Linie das Duo Martino und Winterschladen, ergänzt jedoch durch drei exzellente Musiker wie den Schlagzeuger Thomas Alkier, den Pianisten und Keyboarder Jürgen Dahmen und den Gitarristen Jörg Lehnardt. Alkier lehrt als Professor an der Folkwang-Universität Essen und spielte schon mit Dizzy Gillespie, Charlie Mariano, Albert Mangelsdorff, Michel Petrucciani, Markus Stockhausen, Nigel Kennedy u.a. zusammen. Auch Jürgen Dahmen ist kein unbeschriebenes Blatt: Er begleitete 10 Jahre lang die Harald Schmidt Show, außerdem die Sänger/ Sängerinnen Brian Ferry, Grace Jones, Nina Hagen, Willie Deville und Meat Loaf. Gemeinsame Produktionen verbinden ihn mit Albert Mangelsdorff, Sam Rivers und Michal Urbaniak. Den Gitarristen Jörg Lehnhardt dürften einige von der holländischen Band „Bots“ kennen, im Jazz arbeitete er beispielsweise mit Han Bennink und Hans Dulfer zusammen.

Die „Nighthawks“ haben sich von fünf Einzelmusikern auf der Bühne zu einem echten Kollektiv, einer festen Formation, entwickelt. Die Band atmet einen gemeinsamen Geist, der mit zwei großen Beinen im Jazz und im Rock steht. Im Grunde genommen war dieser Weg zum Rock, der die Band seit 2013 maßgeblich prägte, durch die Biografien der Musiker geprägt. Doch erst mit dem Einstieg von Gitarrist Jörg Lehnardt bekam die Band einen hörbar rockigen Schub. Das Energieniveau veränderte sich fortan, das Nighthawks-Kino hatte nun eine größere Filmspule eingelegt. Und die Musiker hatten nach und nach eine neue Sprache gefunden. Während am Anfang die Gitarrensoli für sich allein waren, atmet die Band nun den kraftvollen und zugleich subtilen Puls von Bands wie „Pink Floyd“ oder „Steely Dan“. Andererseits strahlt immer wieder der kölsche Bezug zu „Can“ durch und nicht zuletzt die Kraft des Jazzrocks von Miles Davis.

Text: Fred Ulbricht

Videolinks:    https://youtu.be/-reVqrCHs68

                     https://youtu.be/QUd2QFMdBwg

Website:        www.nighthawks.eu

Jazztage
Bild: Sonneberger Jazzfreunde e.V.

Eigenschaften

  • Bei Schlechtwetter geeignet

Eintritt

VVK: 22,00 €

Diese Veranstaltung findet statt

  • 07.11.2024 20:00 Uhr